Phono II

Effekte kombinierter musikalischer und phonologischer Frühförderung auf die Entwicklung phonologischer Bewusstheit bei Kindergartenkindern deutscher und nichtdeutscher Herkunftssprache (Teilprojekt Berlin)

 


Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Dr. Sebastian Kempert

Kooperationspartner/in

Prof. Dr. Cordula Artelt

Prof. Dr. Wolfgang Schneider

Laufzeit

01. September 2012 bis 31. August 2015


Der phonologischen Bewusstheit wird eine wichtige Funktion bei der Entwicklung des frühen Schriftspracherwerbs zugesprochen. Die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit auf bestimmte formale Aspekte von Sprache zu richten (Reime, Silben, Wörter als Teile von Sätzen, Phoneme etc.), entwickelt sich unter normalen Umständen spontan. Studien konnten jedoch zeigen, dass die phonologische Bewusstheit grundsätzlich auch trainierbar ist, was insbesondere für Kinder mit LRS-Risiko oder schwachen sprachlichen Ausgangslagen im Kindergartenalter bedeutsam ist.

Beim interdisziplinär angelegten Forschungsvorhaben PHONO II handelt es sich um die zweite Förderphase des BMBF-Projekts „Kurz- und langfristige Effekte eines Trainings zur phonologischen Bewusstheit bei Kindergartenkindern deutscher und nichtdeutscher Herkunftssprache“ (vgl. Schöppe et al., 2013; Jäger et al., 2011). PHONO I konnte u. a. zeigen, dass ein relativ verbreitetes Programm zur Förderung der phonologischen Bewusstheit und der Buchstaben-Laut-Zuordnung im Kindergarten („Hören, lauschen, lernen“ = HLL 1; Küspert & Schneider, 2008; Buchstaben-Laut-Zuordnungstraining = HLL 2; Plume & Schneider, 2004) auch bei Kindern mit Zuwanderungshintergrund wirksam ist und die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb verbessern kann.

Das Hauptanliegen der zweiten Projektphase besteht darin, die Effekte einer Kombination von musikalischer Frühförderung und dem Training der phonologischen Bewusstheit auf die Entwicklung der phonologischen Bewusstheit bei 4- bis 5-jährigen Kindern zu untersuchen. Die Fragestellung basiert auf theoretischen Annahmen und ersten empirischen Ergebnissen, die nahelegen, dass musikalische und sprachliche Reize ähnliche Mechanismen der Lautkategorisierung ansprechen und daher auch musikalische Förderung dazu geeignet sein sollte, die Entwicklung phonologischer Bewusstheit zu unterstützen (z. B. Degé & Schwarzer, 2011).

Innerhalb eines experimentellen Studiendesigns werden vier Fragestellungen verfolgt:

(1) Es soll geprüft werden, ob eine Kombination von musikalischer und phonologischer Förderung der einfachen phonologischen Förderung überlegen ist. Anhand von Informationen über relevante Hintergrundmerkmale der Kinder (z. B. Sprachhintergrund oder LRS-Risiko) sollen auch differentielle Aussagen über die Wirksamkeit der kombinierten Förderung ermöglicht werden.
(2) Die Schulung der Erzieherinnen und Erzieher im Programm HLL 1 und 2 wird zeitlich so gestaltet sein, dass sie bis zur Förderung der eigentlichen Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer bereits ein Jahr lang Erfahrungen damit im Kindergartenalltag sammeln können. In der ersten Projektphase von PHONO hatten sich v. a. mit dem Programm erfahrene Erzieherinnen und Erzieher als erfolgreich erwiesen (insbesondere bei Kindern mit Zuwanderungshintergrund). Dieser Erfahrungseffekt soll im Projekt PHONO II genauer bestimmt werden.
(3) Durch Interviews werden Daten der Erzieherinnen und Erzieher erhoben, die eine Analyse des Einflusses von expliziten sprachlichen Förderangeboten in den Einrichtungen und der diagnostischen Kompetenz der Fachkräfte erlauben. Zudem werden die Eltern der Kinder mit einem Fragebogen zu verschiedenen Aspekten der häuslichen Lernumgebung befragt. Diese Daten sollen genutzt werden, um die große Streubreite der sprachlichen und kognitiven Entwicklung von Kindergartenkindern zu erklären.  
(4) Darüber hinaus soll durch die Erfassung des Wortschatzes, der Grammatikkenntnisse und der Ausgangslagen in der phonologischen Bewusstheit die Relevanz dieser frühen Vorläufermerkmale des Schriftspracherwerbs für den Trainingserfolg bestimmt werden. Dies geschieht unter besonderer Berücksichtigung des Zuwanderungshintergrunds, des Sprachhintergrunds und des Risikos der Kinder in den Ausgangslagen.

Zur Beantwortung dieser Fragestellungen werden im Rahmen eines experimentellen Längsschnittdesigns mit vier Messzeitpunkten zwei Trainingsgruppen und eine Kontrollgruppe untersucht. Die erste Trainingsgruppe wird im vorletzten Kindergartenjahr ein musikalisches Training durchlaufen. Dieses wurde in Anlehnung an das von Degé und Schwarzer (2011) durchgeführte Training auf der Grundlage des Konzepts zur musikalischen Früherziehung Musik und Tanz für Kinder von Nykrin et al. (2007) entwickelt. Im Anschluss daran wird diese Trainingsgruppe im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung mit dem kombinierten Trainingsprogramm HLL 1 und 2 gefördert. Die zweite Trainingsgruppe wird ebenfalls im letzten Kindergartenjahr mit HLL 1 und 2 gefördert, erhält jedoch kein zusätzliches musikalisches Training. Die Kontrollgruppe nimmt am regulären Ablauf der Einrichtungen teil und wird nicht spezifisch gefördert.

Die Ergebnisse der Untersuchung werden Erkenntnisse über zusätzliche Möglichkeiten der Förderung phonologischer Bewusstheit und die Bedeutung der Qualität von häuslichen und institutionellen Lerngelegenheiten für die sprachliche Entwicklung von Kindern im Vorschulalter mit unterschiedlichen Ausgangsbedingungen liefern.

Ausgewählte Publikationen & Literatur

  • Kempert, S., Götz, R., Blatter, K., Tibken, C., Artelt, C., Schneider, W., & Stanat, P. (2016). Training early literacy related skills. Which contribution does a musical training make to phonological awareness development? Frontiers in Psychology, 7: 1803
  • Degé, F. & Schwarzer, G. (2011). The effect of a music program on phonological awareness in preschoolers. Frontiers in Psychology, 124 (2), 1–7.
  • * Jäger, D., Faust, V., Blatter, K., Schöppe, D., Artelt, C., Schneider, W. & Stanat, P. (2012). Kompensatorische Förderung am Beispiel eines vorschulischen Trainings der phonologischen Bewusstheit. Frühe Bildung, 1(4), 202 – 209.
  • Küspert, P. & Schneider, W. (2008). Hören, Lauschen, Lernen: Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter – Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache (6. Aufl.). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Nykrin, R., Grüner, M. & Widmer, M. (2007). Musik und Tanz für Kinder. Mainz: Schott.
  • Plume, E. & Schneider, W. (2004). Hören, Lauschen, Lernen 2 – Sprachspiele mit Buchstaben und Lauten für Kinder im Vorschulalter. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • * Schöppe, D., Blatter, K., Faust, V., Jäger, D., Stanat, P., Artelt, C. & Schneider, W. (2013). Effekte eines Trainings der phonologischen Bewusstheit bei Vorschulkindern mit unterschiedlichem Sprachhintergrund. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 27 (4), 241-254.

Anmerkung. Mit * gekennzeichnete Publikationen sind im Rahmen des Projekts entstanden.

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