Kompetenzorientierung

Es ist zunächst wichtig zu verstehen, dass VERA im Unterschied zu Klassenarbeiten o.ä. nicht überprüft, ob die Schüler den Unterrichtsstoff der letzten Wochen verstanden und verinnerlicht haben, sondern ob es der Schule gelungen ist, jenseits konkreter Inhalte die Schüler zu befähigen, Problemstellungen des jeweiligen Fachs angemessen zu bearbeiten.

Das bedeutet beispielsweise, dass in einer VERA-Mathematikaufgabe nicht explizit gefordert wird, die Länge der dritten Seite eines Dreiecks mithilfe des Satzes des Pythagoras auszurechnen, sondern anwendungsorientiert eine praktische Aufgabe (z.B. Höhenmessung) gestellt wird, die sich auf die vorgenannte (oder auch eine andere) Weise lösen lässt. Konkrete Beispiele für anwendungsorientiere Aufgaben finden Sie in den Aufgabenheften des letztjährigen Durchgangs.

 

In diesem Zusammenhang ist der Begriff der Kompetenz eng definiert, nämlich nur auf das jeweilige Schulfach bezogen. Davon abzugrenzen ist das hier ausdrücklich nicht gemeinte berufspädagogische Konzept von Kompetenz, das über diese Fach- und fachbezogene Methodenkompetenz hinaus auch soziale und personale Kompetenzen beinhaltet, wie beispielsweise die Teamfähigkeit oder persönliche Weiterentwicklung.

Die Enge dieser Kompetenzdefinition mag im Hinblick auf den erzieherischen Gesamtauftrag der allgemeinbildenden Schulen zu kurz erscheinen, ermöglicht jedoch andererseits erst eine praktikable Umsetzung und Überprüfung. Die Kompetenzorientierung der VERA-Tests soll eben nicht bedeuten, dass Schule über die Vermittlung von Fachkompetenz hinaus keine weiteren Aufgaben hätte.

Dieser unterrichtszentrierte fachliche Befähigungsansatz bedeutet weiterhin, dass es nicht darum geht, den Schülerinnen und Schülern individuell eine Leistungsbewertung zuzuschreiben und entsprechend das Leistungsspektrum der Klasse zu differenzieren. Vielmehr wird eine Ist-Erhebung der Effektivität des Unterrichts angestrebt. Zum einen geht es dabei um eine Prüfung, inwieweit die von den Kultusministerien der Länder angestrebte Kompetenzorientierung des Unterrichts bereits umgesetzt wurde und Früchte trägt; zum anderen um die Information der Lehrkräfte, in welchen Bereichen und auf welche Art diese Kompetenzorientierung in ihren Klassen eventuell der Unterstützung bedarf.

Das bedeutet aber auch nicht, dass VERA statt der Schüler nun die Leistungen der Lehrkräfte beurteilt. Kompetenzorientierter Unterricht setzt sich zusammen aus einer entsprechend angelegten Lehreraus- und -fortbildung, Lehrplänen samt Schul-Curricula und nicht zuletzt aus entsprechend konstruierten Schulbüchern. Eine weitere wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung kompetenzorientierten Unterrichts bildet zudem die grundsätzliche Akzeptanz der Kompetenzorientierung seitens Politik, Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern.

Die Umstellung auf kompetenzorientierten Unterricht benötigt Zeit – die ursprüngliche Konzeption geht von einem Jahrzehnt aus (s. S.147). Gerade deshalb kommt VERA ein so großer Stellenwert zu: Es ist unerlässlich, diesen langfristigen Prozess neben anderen begleitenden Ansätzen ergebnisorientiert zu beobachten, um ggf. nachsteuern zu können. Schon heute deutet sich an, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen, um kompetenzorientierten Unterricht an den Schulen nachhaltig und umfassend umzusetzen.

PKu