KuL

Kompetenzerwerb und Lernvoraussetzungen

 


Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Sarah Gentrup

Kooperationspartnerinnen

Prof. Dr. Cornelia Kristen

Prof. Dr. Irena Kogan

Laufzeit

01. April 2012 bis 31. März 2015


Ein replizierter Befund aus nationalen und internationalen Schulleistungsstudien ist, dass Kinder und Jugendliche in Abhängigkeit von ihrem Geschlecht und Merkmalen ihres familiären Hintergrunds im Bildungssystem unterschiedlich erfolgreich sind. So zeigen Mädchen im Durchschnitt eine günstigere Bildungsentwicklung als Jungen (vgl. Stanat & Bergann, 2009), während Kinder aus zugewanderten und sozial benachteiligten Familien deutlich schwächere Leistungen erbringen als Kinder aus nicht zugewanderten und sozial besser gestellten Familien (z.B. Walter & Taskinen, 2007; Ehmke & Baumert 2007). Diesen Ungleichheiten pädagogisch zu begegnen stellt Lehrkräfte angesichts einer heterogenen Schülerschaft vor große Herausforderungen.

Ausgehend von diesen Ergebnissen untersucht das Projekt „Kompetenzerwerb und Lernvoraussetzungen“ (KuL) das Unterrichtsgeschehen in Grundschulen und geht dabei unter anderem den folgenden Fragen nach: Welche Lernvoraussetzungen bringen Kinder in die Grundschule mit? Wie gestalten Lehrerinnen und Lehrer die Lernumgebungen bei einer heterogen zusammengesetzten Schülerschaft? Welche Bedingungen tragen zu einem förderlichen Umgang zwischen Lehrkräften und Kindern bei? Welche Arten der Interaktion zwischen Kindern und Lehrkräften begünstigen Lernprozesse und damit den Kompetenzerwerb?

Bei der Beantwortung dieser Fragen sollen sowohl schulische als auch außerschulische Bedingungen berücksichtigt werden. Zu den außerschulischen Bedingungen zählen vielfältige individuelle Voraussetzungen, wie etwa die abhängig von der sozialen Herkunft oder einem Zuwanderungshintergrund unterschiedliche Ressourcenausstattung der Familien. Im schulischen Bereich richtet sich das Interesse auf die Interaktionen zwischen Kindern und Lehrkräften. Hier werden Aspekte wie die Klassenführung, die Unterrichtsgestaltung, das Klassenklima oder auch Einschätzungen und Erwartungen der Lehrerschaft in den Blick genommen.
Zur Untersuchung der Interaktionsprozesse wird das Unterrichtsgeschehen im Längsschnitt an insgesamt 30 Grundschulen in verschiedenen Städten in Nordrhein-Westfalen erfasst. Die Stichprobe umfasst ca. 60 Klassen und damit rund 900 Kinder. Für das erste Schuljahr sind sieben Erhebungen vorgesehen. Grob lassen sich die folgenden drei Phasen unterscheiden:

In der ersten Phase werden mit Beginn des ersten Schuljahres telefonische Interviews mit den Eltern durchgeführt, um die familiären Lernvoraussetzungen zu erfassen. Ferner werden fachspezifische Kompetenzen der Kinder in sprachlichen und mathematischen Bereichen sowie ihre kognitiven Fähigkeiten erhoben. Zum selben Zeitpunkt werden auch die Lehrkräfte schriftlich zu ihren Erwartungen und Einschätzungen in Bezug auf ihre Klasse befragt.

Im Rahmen der zweiten Phase werden im Laufe des ersten Schuljahres ausgewählte Unterrichtsstunden gefilmt. Damit sollen das Verhalten der Schulkinder und ihre Interaktion mit der Klassenlehrkraft in der alltäglichen Lernumgebung erfasst werden. Ergänzend zum Videomaterial kommen in persönlichen Befragungen auch die Kinder zu Wort. Erhoben werden unter anderem solche Aspekte wie die Motivation zum schulischen Lernen, das Fähigkeitsselbstkonzept oder die Beziehung zur Lehrkraft aus Sicht des Kindes.
In der dritten Phase schließlich werden zum Ende des ersten Schuljahres die fachspezifischen Kompetenzen der Kinder sowie die Einschätzungen und Erwartungen der Lehrkräfte erneut erfasst. Auf diese Weise wird es möglich, Veränderungen im Zeitverlauf abzubilden und zu analysieren.

Perspektivisch ist vorgesehen, die Leistungsentwicklung der Kinder bis zum ersten Bildungsübergang am Ende der Grundschulzeit zu verfolgen. Sofern eine Verlängerung des Projekts im Anschluss an den aktuellen Bewilligungszeitraum gewährleistet werden kann, sollen bis zum Ende der vierten Jahrgangsstufe wiederholte Kompetenzmessungen sowie eine weitere Befragung der Eltern durchgeführt werden.
Mit der KuL-Studie sollen genauere Erkenntnisse über die Entstehung von Bildungsungleichheiten in Deutschland gewonnen werden. Die Analysen werden auch wichtige Hinweise darauf geben, an welchen Punkten Maßnahmen zum gezielten Abbau von Chancenungleichheiten ansetzen sollten.

Ausgewählte Publikationen & Literatur

  • *Lorenz, G., Gentrup, S., Kristen, C., Stanat, P., & Kogan, I. (2016). Stereotype bei Lehrkräften? Eine Untersuchung systematisch verzerrter Lehrererwartungen. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 68(1), 89-111.
  • Ehmke, T. & Baumert, J. (2007). Soziale Herkunft und Kompetenzerwerb: Vergleiche zwischen PISA 2000, 2003 und 2006. In: Prenzel, M., Artelt, C., Baumert, J., Blum, W., Hammann, M., Klieme, E., Pekrun, R. (Hrsg.): PISA 2006. Die Ergebnisse der dritten internationalen Vergleichsstudie (S. 337 – 366). Münster: Waxmann.
  • Stanat, P. & Bergann, S. (2009). Geschlechtsbezogene Disparitäten in der Bildung. In: R. Tippelt & B. Schmidt (Hrsg.). Handbuch Bildungsforschung (2. Auflage) (S. 513 – 527). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Walter, O. & Taskinen, P. (2007): Kompetenzen und bildungsrelevante Einstellungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland: Ein Vergleich mit ausgewählten OECD-Staaten. In: Prenzel, M., Artelt, C., Baumert, J., Blum, W., Hammann, M., Klieme, E., Pekrun, R. (Hrsg.): PISA 2006. Die Ergebnisse der dritten internationalen Vergleichsstudie (S. 337 – 366). Münster: Waxmann.


Anmerkung. Mit * gekennzeichnete Publikationen sind im Rahmen des Projekts entstanden.

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